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der „Sozialistenfriedhof“ Friedrichsfelde

Ich bin mir ganz sicher, liebe Leser, dass auf dem städtischen „Zentralfriedhof Friedrichsfelde“ in Berlin auch „Nichtsozialisten“ beigesetzt wurden. Vermutlich gibt es keine posthumen Gesinnungsprüfungen Verstorbener, bevor man hier zur letzten Ruhe gebettet wird. Wie kam dieser Ort also zu seinem Beinamen, unter dem er sogar im Internet gefunden werden kann ? Eine längere Geschichte. Ich werde mal versuchen, Sie Ihnen zuliebe ganz kurz und knapp zu skizzieren und einen Spaziergang dort Revue passieren zu lassen. Also, los:

Ein diesiger Tag. Kühl, aber nicht windig. Hohe Luftfeuchtigkeit aber immer noch nicht wirklich unangenehm. November in Berlin. Genauer gesagt in Berlin-Friedrichsfelde, einem Ortsteil des Bezirks Lichtenberg. Mit einem Freund, der mich seit Jahren auf Stadtspaziergängen und sonstigen Touren begleitet, erkunde ich heute zum ersten mal den „Zentralfriedhof Friedrichsfelde“, ein etwas über 32 ha großes Gelände nördlich der Frankfurter Allee.

Bekannt geworden ist der Ort hauptsächlich dadurch, dass hier früh im Jahr seit Langem immer die politische Linke des Landes aufmarschiert, um den hier einstmals beigesetzten Revoluzzer-Ikonen von 1918/19, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, zu gedenken. Ein mir als „Westprodukt“ immer ein wenig unverständliches Ritual, aber seit DDR-Zeiten scheinbar nicht wegzudenken. Zumal in Ostberlin.

Aber die Geschichte des Friedrichsfelder Zentralfriedhofes fängt natürlich schon früher an. Schauen wir also mal nach… Nach der Reichsgründung 1871 fängt die „Reichshauptstadt“ an, zu „boomen“. Die Metropole erlebt innerhalb weniger Jahre einen rapiden Bevölkerungszuwachs, den sie irgendwie bewältigen muss. Aber wo Menschen in größeren Zahlen zuziehen, versterben sie auch irgendwann. So erkannte man etwa gegen 1880, dass neue Begräbnisplätze für Berlin gebraucht wurden. Die Berliner Stadtväter kauften daraufhin Carl von Treskow, welcher knapp jenseits der damaligen Berliner Stadtgrenzen im Osten über einen mächtigen Grundbesitz verfügte, das Gelände des heutigen Friedhofes ab. Gestaltet wurde es dann vom Berliner Gartenbaudirektor Hermann Mächtig. Eröffnet wurde diese Begräbnisstätte schon 1881.

So weit, so gut. Wie wurde dieser Friedhof dann aber sozusagen „sozialistisch“ ? ( 🙂 ) Hier könnte man lange, ausführlich Erklärungen einfügen. Ich bleibe mal kurz und knapp, damit dieser Beitrag nicht gar zu lang wird: Im Jahre 1900 wurde hier der „grandseigneur“ der frühen SPD und langjährige Reichstagsabgeordnete, Wilhelm Liebknecht, beigesetzt. Zwei Jahre später bekam seine Grabstätte dann eine markante Dekoration (s. Foto) mit Büste und Motivplatte. Dies hatte dann einen gewissen „Sog-Charakter“ und in der Folge ließen sich hier Gewerkschafter, Künstler mit Neigung zur SPD etc. beisetzen.

1919 wurden dann hier auch im sog. „Januaraufstand“ Getötete beigesetzt. (Sorry, liebe proletarische Romantiker, ich kann sie nicht als reine „Opfer“ bezeichnen, denn wer seine politischen Vorstellungen mit Waffengewalt durchsetzen will, muss auch damit rechnen, mit Waffengewalt daran gehindert zu werden.) Darunter der Prominenteste natürlich Wilhelms Sohn Karl Liebknecht. Einige Monate später dann auch dessen Mitaufständlerin Rosa Luxemburg. Ab 1926 wurde speziell für diese beiden auf dem Friedhof ein massives Beton-Mahnmal unter dem Namen „Revolutionsdenkmal“ errichtet. Und zwar eines, dass der nicht ganz unbekannte Ludwig Mies van der Rohe entworfen hatte.

Kein Wunder, dass die Nazis dann ausgerechnet hier ein Exempel statuieren wollten und 1935 dieses Mahnmal wieder abrissen. 1941 ebneten sie auch die umliegenden Grabstätten inkl. denen von Luxemburg und Liebknecht ein. Heute erinnert hier ein dezentes, kleineres Mahnmal an diese traurigen Ereignisse.

Kein Wunder also, dass dieser Zentralfriedhof in der DDR wieder an Bedeutung gewann. Der erste und einzige Präsident der DDR, Wilhelm Pieck, ein ehemaliger Mitstreiter Karl Liebknechts, setzte sich nachdrücklich für die Errichtung einer „Gedenkstätte der Sozialisten“ ein, die sich im Eingangsbereich des Geländes anfindet. Den damit beauftragten Architekten soll Pieck denn auch, wie die Legende es will, mächtig und oft „über die Schulter geschaut“ haben. Das Ergebnis ist aber m. E. n. durchaus ästhetisch ansprechend geworden. Die Mauer aus dem regionaltypischen Baustoff „roter Backstein“ fasst einen kreisrunden Raum ein, in dessen Mitte ein Fels mit der Aufschrift „die Toten mahnen uns“ aufragt.

Hier und in der unmittelbaren Nähe sind denn auch diverse DDR-Spitzenfunktionäre beigesetzt, die dem „Politbüro der SED“ würdig erschienen, um hier derart geehrt zu werden. U. a. der ehemalige Bürgermeister von Ost-Berlin, Friedrich Ebert jr. oder der Schriftsteller Friedrich Wolf. Direkt gegenüber dem Zugang zur kreisrunden Gedenkstätte finden wir übrigens seit 2006 noch eine dezente, kleine Tafel mit der Aufschrift „den Opfern des Stalinismus“.

Puh, jetzt wird der Artikel doch wieder länger, als gedacht. Dann fasse ich meine Eindrücke also jetzt kurz zusammen:

  • uns fiel auf, dass wir keine sog. „Ehrengrabstätten der Stadt Berlin“ hier finden konnten. Vielleicht lag es an der dicken Schicht von Blättern, die um jedes Grab herum zu finden waren, aber die uns von so ziemlich allen anderen Friedhöfen bekannten, „roten Backsteine“ mit dem Stadtwappen fehlten hier scheinbar ganz. Anwärter, wie etwa den Astronomen Friedrich Archenhold, hätte genug gegeben. Merkwürdig.
  • Die Hauptwege des Zentralfriedhofes Friedrichsfelde sind gepflastert. Andere Waldfriedhöfe in Berlin mit Landschaftscharakter zeichnen sich ja leider eher durch „Stock und Stein“-Schleichwege aus, auf denen man besser nicht stolpert. Ein schönes Detail also hier in Friedrichsfelde und mir persönlich sehr angenehm !
  • Die Beschilderung hier ist sehr, sehr hilfreich. Wichtige „Ecken“ werden mit Informationstafeln greifbar gemacht. An bestimmten Kreuzungen stehen Wegweiser, sogar mit Streckenlängen-Angabe. Auch dafür ein Extralob. Auch das ist nämlich keinesfalls selbstverständlich !

Unser Fazit also, nachdem wir tatsächlich stundenlang auf dem Gelände unterwegs waren, fiel recht positiv aus. Ein Spaziergang hier offenbart viele interessante Beobachtungen. Unterschiedlichste Begräbnisformen finden sich hier an. Der Wald-Charakter des Geländes ist dank reicher Nadelbaumbepflanzung auch im Spätherbst/frühen Winter noch nachvollziehbar und zu genießen. Wir wurden am Ende fast schon von der einsetzenden Dunkelheit vom Gelände gescheucht.

Prädikat: empfehlenswert. 🙂 Gehen Sie/geht doch selbst mal dorthin, wenn Sie/Ihr Spaziergänge auf Friedhöfen nicht gruselig, sondern nur beruhigend und angenehm finden.

Adresse:

Städtischer Zentralfriedhof Friedrichsfelde
Gudrunstraße 20
10365 Berlin-Lichtenberg

Quellen:

Bilder:

  • von mir, 2018, all rights reserved,

Text:

Ausflugstip: der „Tierpark Friedrichsfelde“

Kein Geheimtip. Ganz sicher nicht ! Dennoch immer wieder schön, vor allem, wenn die Sonne scheint und das Wetter zum Spazierengehen einlädt. Ein Park, familienfreundlich und „wilde Tiere“ gibts auch noch als Draufgabe. Was doch die Zeit und viele, engagierte Hände über die Jahrhunderte hinweg aus dem alten „Gut Rosenfelde“ gemacht haben ! Eine ganz persönliche Empfehlung ! 🙂

Ihnen kann ich es ja eingestehen, liebe Leserinnen und Leser: manchmal bin ich ganz froh, mir letzte Reste meines kindlichen Gemüts bewahrt zu haben. So ist ein Besuch bei den „wilden Tieren“ für mich bis heute ein Vergnügen geblieben.

Nur ein preiswertes ist es nicht mehr unbedingt. Die Eintrittspreise, speziell der beiden Berliner Tierparks, sind schon mal knackig. Finde ich jedenfalls. Da muss man tatsächlich einen ganzen Tag drinbleiben, um „etwas fürs Geld“ zu erhalten. Das klappt aber super, denn der „Zoologische Garten“ gehört zu den artenreichsten Tierparks in Deutschland, so dass es sehr viel zu sehen gibt und der „Tierpark Friedrichsfelde“ ist so wunderbar weitläufig, da hat man viel zum „Ablaufen“ und Spazierengehen.

Fangen wir mal an: Also, einst war der heutige Tierpark ein Landgut und hieß „Rosenfelde“. Kurze Zeit gehörte dieses sogar einem echten Piraten ! Und zwar dem Holländer Benjamin Raule, dem „Freibeuter des Kurfürsten“. Dieser ließ dort ein Landhaus errichten, dessen umgebauten „Nachfahren“ wir heute als „Schloss Friedrichsfelde“ kennen. Der Pirat geriet später in Ungnade, diverse Besitzer danach kam die Immobilie ins Eigentum der Familie von Tresckow. Diese verkaufte schrittweise Teile des Besitzes, der einst sogar noch viel größer war, als der Tierpark. Der Ortsteil Karlshorst liegt beispielsweise z. T. auf ehemaligem Tresckow-Besitz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die „ausbeuterischen Junker“ dann enteignet. Die Immobilie verfiel, bis man auf die Idee kam, hier einen Tierpark errichten zu können. Eine typische „Kalter Kriegs-„Idee im geteilten Berlin. Die Humboldt-Uni lag im Osten, schwupps gründete man in Westberlin die „Freie Universität“. Der Zoo lag im Westen, zack musste ein „Tierpark“ auch in Ostberlin her.

Prof. Dathe mit einem Katzenbären

Mit dem gesamten Projekt untrennbar verbunden ist natürlich der Name des Zoologen Prof. Heinrich Dathe, der sich mit dem Tierpark seinen ganz persönlichen Wunschtraum erfüllen konnte. Hier hatte er sein „Reich der Tiere“, in dem nur er der Herr war. Nach der Wiedervereinigung wurde er dann jedoch, nicht zuletzt aus Altersgründen, beiseitegeschoben. Er war auch immerhin schon 80. Die beiden Tierparks Berlins wurden in der Folge organisatorisch erstmalig zusammengelegt, aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Was gibt es sonst über den Tierpark zu sagen ? Versuchen wirs mit ein paar „Wussten-Sies“ ! Also, wussten Sie, dass…

  • der Tierpark Friedrichsfelde einen „eigenen“ U-Bahnhof auf der Linie U5 hat, über den man seinen südlichen Haupteingang erreicht ?
  • derzeit im Tierpark Umbauten für einen Neubau des Löwenhauses geplant sind und deshalb sämtliche Löwen auf andere Tierparks „umgesiedelt“ wurden ?
  • man Schwarzbären bewundern kann, ohne den Tierpark überhaupt zu betreten ? Ein „Bärenschaufenster“ ist so angelegt, dass diese Bärenart uns hier direkt VOR dem Haupteingang vergnügt.
  • im Schloss Friedrichsfelde tatsächlich einst ein Regierender Reichsfürst inhaftiert wurde ? Von Juli 1814 bis Februar 1815 war der König Friedrich August I. von Sachsen auf dem Schloss als Gefangener, weil er wegen seiner Napoleon-Treue verurteilt worden war.
  • der Tierpark mit einem Superlativ wirbt ? Es wird behauptet, er sei mit 160 ha Fläche der „größte Landschaftstierpark Europas“. Nun, ich habe nicht nachgemessen, aber immerhin ist er weitläufig genug.
  • im Tierpark Berlin auch Volksläufe stattfinden ? Auf unterschiedlich langen Strecken kann man dann einmal im Jahr beim sog. „Volvo – Tierpark -Lauf“ durchs Gelände joggen. Was wohl die Tiere davon halten ?
  • für die Gestaltung der Eisbären-Frei-Anlage angeblich auch Trümmer der ehemaligen Reichsbank-Zentrale aus Berlin-Mitte verwendet wurden ?
  •  die Erbbegräbnisstätte der Familie von Tresckow sich auch noch immer auf dem Gelände befindet ? Nur ist sie, aus Gründen der Pietät wie ich hoffe, dem Besucher nicht zugänglich.
  • jährlich mehr als eine Million Besucher den Tierpark in Augenschein nehmen ? Letzte veröffentlichte Zahl von 2015: 1,2 Mio. !
  • es derzeit noch mehr als 750 Arten im Tierpark Friedrichsfelde zu sehen gibt ? Sobald alle Umbauten und Modernisierungen abgeschlossen sein werden, ist davon auszugehen, dass die Zahl sogar wieder steigt !

Habe ich Sie auf einen Besuch im „Tierpark Friedrichsfelde“ neugierig machen können ? Dann treffen wir uns vielleicht irgendwann einmal dort. 🙂

Adresse:

Am Tierpark 125
10319 Berlin

Anfahrt:

Über U5, bis U-Bahnhof „Tierpark“.
Tram: M17, 27 und 37,
Bus: 296, 396

Öffnungszeiten:

Durchgehend von 09.00 Uhr – 16.30 Uhr,
im Sommer bis 18.00 Uhr, teils bis 18.30 Uhr

Internetadresse:

http://www.tierpark-berlin.de/de

Karte:

Heinrich Dathe – der Zoologe

Heinrich Dathes Glück begann mit der Teilung Berlins. Was für die Stadt ein Unglück und eine jahrzehntelange, im wahrsten Sinne des Wortes „mörderische“ Wunde war, brachte ihm einen Traumjob ein. Heinrich Dathe wurde der erste Direktor des „Tierparks Friedrichsfelde“ in Berlin und zu einem der beliebtesten Zoologen des „Arbeiter- und Bauernstaates“. 

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Schloss Friedrichsfelde. Heute Teil des Tierparks Berlin.

Diese Einführung klingt Ihnen zu negativ ? Nein, sie war ja auch nicht gegen den rührigen Tierpark-Organisator selbst gerichtet, über den wohl niemand, der ihn kannte, ein böses Wort sagen konnte und wollte. Von der großen Ausnahme in seiner Biografie abgesehen, auf die ich später noch zu sprechen komme. Dathe immerhin, war und blieb bis an sein Lebensende 1991  populär als „Tierpapa“.

Dathe stammte aus dem Vogtland und wurde dort in Reichenbach im Jahre 1910 geboren. Als Heinrich vierzehn Jahre alt ist, zieht die Familie nach Leipzig. Dort macht er 1930 sein Abitur und nimmt dann an der Universität die Fächerkombination von Zoologie, Botanik und Geologie in Angriff. Im Leipziger Zoo nimmt er 1934 auch seine erste Stelle an, wo er Assistent des prominenten Zoologen Karl Max Schneider wird. Dieser befasste sich auch mit der „Psychologie“ der Tiere und stieß Programme zur Auswilderung von Löwen an. Während seiner Zeit am Leipziger Zoo verfasste Dathe seine Doktorarbeit und wurde schließlich 1940 stellvertretender Direktor.

Ich habe es angekündigt: Dathe hatte auch eine problematische Vergangenheit. 1932 bereits trat er in die NSDAP ein. Er begründete dies stets damit, dass er seinen patriotischen Gefühlen nachgehen wollte. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete er in Leipzig auch als „Blockwart“, organisierte NS-Symbolveranstaltungen in seiner Wohngegend. Immerhin hatte Dathe später jederzeit das Rückgrat, über diese Dinge nicht zu schweigen und zu seinen Verstrickungen während der NS-Zeit offen zu stehen. Auch diverse „Kommissionen“, die über die Nazi-Jahre forschen, können Dathe bis heute keine maßgebliche Verstrickung in konkrete Verbrechen nachweisen. Immerhin.

Heinrich Dathe kehrte 1947 aus britischer Kriegsgefangenschaft nach Leipzig zurück. Dort jedoch konnte er nicht sofort wieder als Zoologe arbeiten, da er als ex-Nazi (ja, im Gegensatz zum inflationären Gebrauch des „N“-Wortes heutzutage, stimmte der Begriff hier mal) ja „vorbelastet“ war. Es dauerte schließlich bis 1950, nach der Gründung der DDR, bis Dathe wieder am Leipziger Zoo angestellt wurde und auch an der Hochschule lehren konnte. Von 1955 – 1957 war Dathe sogar kommissarischer Leiter des Zoos in der sächsischen Metropole.

IMG_3744_compressedZu diesem Zeitpunkt verfolgte der gefragte Zoologe jedoch bereits sein ehrgeizigstes und letztlich (fast) lebenslanges Projekt: die Errichtung und Aufrechterhaltung eines zweiten Tierparks in Berlin. Seit 1954 bereits mühte sich der Magistrat von (Ost-) Berlin damit, aus dem ehemaligen Landgut Friedrichsfelde, welches einst der Familie von Tresckow gehört hatte, einen großzügig angelegten Tierpark zu machen. Immerhin war ja der „Zoologische Garten“ im anderen Stadtteil verblieben und für die DDR „verloren“. Spiritus rector und bis zur Wende auch „guter Geist“ des neuen Tierparks wurde dabei Heinrich Dathe. 1957 wurde ihm eine Professur angetragen.

Mit seinen Rundfunk- und TV-Sendungen, in denen er aus dem Tierpark berichtete und über diverse Tierarten „philosophierte“ machte er nicht nur dieses Idyll der Zoologie prominent, nein, er wurde auch selbst sehr populär. Ich selbst treffe heute noch (2016) ehemalige DDR-Bürger, die mir mit Begeisterung im Blick und Rührung in der Stimme von Prof. Dathe erzählen, den sie so sehr gemocht hatten. Seine Sachkenntnis im Tierreich und die Tatsache, dass in Tierprogrammen relativ wenig „politisiert“ wurde, trug sicher zu seiner großen Beliebtheit bei. Selbst meine Mutter selig, die durch und durch „Westberlinerin“ wurde, nachdem sie als „Heimatvertriebene“ 1945 aus den „Ostgebieten“ kam, schaute immer mal wieder im DDR-Fernsehen rein, wenn Prof. Dathe stolz über Neuzüchtungen im Tierpark berichtete oder über eine neu dort angesiedelte Tierart sprach. So kannte auch ich schon als Kind seinen Namen.

Zu Wendezeiten 1990 war Dathe dann bereits knapp 80 Jahre alt, aber immer noch der maßgebliche Mann im Tierpark. Da aber der Einigungsvertrag nicht vorsah, öffentlich Bedienstete von mehr als 60 Jahren weiter zu beschäftigen, wurde der „große, alte Mann“ ratz-fatz arbeitslos. Im Dezember 1990 wurde er pensioniert. Am 06. Januar 1991 verstarb Heinrich Dathe dann bereits an einem Krebsleiden. Sein Grab auf dem Neuen Friedrichsfelder Friedhof im Lichtenberger Ortsteil Berlin-Karlshorst ist seit 2010 eine Ehrengrabstätte des Bezirks Lichtenberg.

Elefant_compressedDathes Bedeutung für die Zoologie und sein Engagement für den Tierpark Berlin blieben jedoch auch posthum wirksam. Eine Oberschule im Bezirk Friedrichshain ist nach ihm benannt, was 2009 noch einmal für einige Schlagzeilen sorgte. Die Nazi-Vergangenheit Dathes (wie gesagt, von ihm nie geleugnet oder relativiert) wurde als problematisch erachtet, woraufhin sich Schüler, Eltern und Lehrerschaft jedoch solidarisierten und für den Verbleib des Namens „Dathe“ für ihre Schule eintraten. 2005 wurde eine Freifläche am U-Bahnhof „Tierpark“ in „Heinrich-Dathe-Platz“ umbenannt. 2012 erhielt er eine offizielle Gedanktafel der Stadt Berlin am Elefantenhaus des Tierparks.

Interessanterweise wird Dathe so zitiert, dass er ursprünglich keine Sympathien für Tierparks gehabt hätte. Er habe sie immer als „Tiergefängnis“ angesehen. Er wollte in seinen Jugendjahren ein „Reisender“, ein unermüdlicher Forscher sein. Dass er später jahrzehntelang hinter einer Mauer gefangen blieb und an einem einzigen Ort seine bedeutende Wirkung entfaltete, ist dann wohl als „Ironie der Geschichte“ anzusehen.