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„Fest der Luftbrücke“ – Erinnerung und Volksfest

Die Berlin-Blockade und die Berliner Luftbrücke. Alles schon wieder so lange her. 70 Jahre, dass die Sowjets ihren Versuch, Westberlin per Würgegriff in ihren Einflussbereich zu zwingen, aufgeben mussten. Bedeutet das alles heute noch etwas ? In postmodernen Zeiten wo der Nachfolger Ernst Reuters mit den Nachfolgern Walter Ulbrichts paktiert ? Mir stellten sich solche und andere Fragen, als ich mich darauf vorbereitete, am „Fest der Luftbrücke“ zum 70. Jahrestag der Aufhebung der Blockade teilzunehmen. Ein kleiner Rückblick:

Der Berliner feiert gerne. Ich hatte also keinen Zweifel daran, dass ein Fest, das noch dazu ohne Eintritt gefeiert werden konnte, die Berliner mal wieder auf die Beine bringt. Beinahe ist der Anlass für die Feier schon mehr oder minder gleichgültig. Diesmal aber war der Anlass eigentlich ein ernster. Ein wichtiges Ereignis der Nachkriegsgeschichte Berlins sollte in Erinnerung gerufen werden.

Mein Vater selig lebte damals, 1948, als Heranwachsender in der Stadt. Er hatte mir viel von den „Rosinenbombern“ erzählt und wie er sich als von den Sowjets potentiell Ausgehungerter fühlte. Erzählte mir von Stromsperrungen, Durchhaltewillen und dem Wandel der Beziehungen zu den westlichen Siegermächten. So bekam ich also schon früh im Leben einen ganz direkten Eindruck davon, wie die West-Berliner damals fühlten und dachten. Wie sie hinter ihrem Bürgermeister Ernst Reuter standen und sich wünschten: „Ihr Völker der Welt….schaut auf diese Stadt!“

Sieben Jahrzehnte. Viel wurde an der Interpretation der Ereignisse von damals inzwischen herumgedoktert. Erst unlängst bekam ich ein Video zu sehen, in welchem die damalige Blockade den Westmächten in die Schuhe geschoben wurde. Völlig einseitig und ohne zu differenzieren. Böse Währungsreform, Verletzung des Berlin-Status, bla-bla… Ich werde hier nicht weiter auf diese Interpretation von Historie eingehen. Politische Gegenwarts-„Erfordernisse“ machen hier scheinbar oft einen ganz dicken Filter notwendig.

Aber eigentlich ging es ja am Sonntag ums Feiern. Und der Berliner hatte das mit feiner Nase auch gemerkt. Die Ansprache vom derzeitigen „Regierenden“, der mit dem kantigen Ernst Reuter so wenig nur noch gemein hat (außer dem Job und dem Parteibuch) zur Eröffnung des Festes blieb nämlich weitgehend unbeachtet. Ein paar Neugierige und ein paar vermutlich bestellte Claqueure gaben an den gewünschten Stellen etwas Applaus, aber weder den Platz der Republik (ja, ein Reuter-Bezug) noch den ehemaligen Flughafen Tempelhof hätte die heutige Politikerriege mit ihrem Auftritt begeistern können. Stattdessen latschten die Besucher währenddessen lieber zwischen den Ausstellungsstücken hin und her und besuchten die Stände der potentiellen Neu-Nutzer des Flughafengebäudes in Hangar 5.

Überhaupt fühlte ich mich auffällig an die „Tage der offenen Tür“ bei den ehemaligen Schutzmächten erinnert. Damals, zu Mauerzeiten, hatten die Garnisonen der drei westlichen Siegermächte bestimmte Standorte immer mal wieder für die Berliner geöffnet. Ihre Arbeit vorgestellt, ein wenig „Unterhaltungsprogramm“ organisiert und so für „gute PR“ gesorgt. Ganz abgesehen davon, dass die etwas gelangweilten Soldaten hier an „der vordersten Front des Kalten Krieges“ mit der Vorbereitung dieser Besuchstage etwas Sinnvolles zu tun bekamen. Ich selbst erinnere mich daran, wie ich als Heranwachsender mal eine Kaserne der Briten besuchte und sie dort ihre Präzisions-Exerzier-Übungen zeigten. Lange her, aber ein wenig wehte dieser Geist am vergangenen Sonntag noch einmal über den Flughafen Tempelhof. Und etwas „Deutsch-Amerikanisches-Volksfest“-Atmosphäre war auch dabei. Schließlich kamen ja viele Familien mit Kindern.

Ich selbst immerhin hatte viel Freude daran, ein wenig in Erinnerungen zu schwelgen, Fotos zu machen und mich an der regen Teilnahme anderer Berliner am „Fest der Luftbrücke“ zu freuen. Auch die aktive Nutzung des anliegenden „Tempelhofer Feldes“ durch Radfahrer, Skater, Drachen-„Piloten“ und Jogger konnte man sich mal aus der Nähe anschauen. Die ehemaligen Start- und Landebahnen des Flughafens waren bei sonnigem Wetter natürlich wieder Aktiv-Freizeit-Ziel für Viele.

Ein rundum gelungener Besuch also. Und einen Tragebeutel vom „Alliiertenmuseum“ habe ich auch noch abgestaubt. Was mich daran erinnert, dass ich da ja dieses Jahr auch noch einmal hin wollte…. Übrigens: am 07./08. September ist Flugplatzfest in Gatow…auch daran erinnerte mich einer der Stände in Hangar 5.

Bis zum nächsten Ausflug also,

euer

Clemens Kurz

Tage der Luftbrücke in Gatow

Ein Besuch auf dem ehemaligen Flugplatz Gatow ist manchmal eine einsame Angelegenheit. Außerhalb der Sonderveranstaltungen und Flugplatzfeste verlaufen sich hier oft nur wenige Besucher auf dem Gelände. Am Samstag, der zur „Woche der Luftbrücke“ gehörte, war dies jedoch anders. Die Sonderführung durch das Gelände und die Ausstellung zur Geschichte Gatows als Schauplatz der Geschichte war gut besucht und äußerst interessant.

Die Berlin-Blockade endete an einem 12. Mai (1949). Deshalb wird dieser Tag auch „Tag der Luftbrücke“ genannt und wurde jahrelang dementsprechend in Berlin groß gefeiert. Die Bedeutung der Luftbrücke im historischen Bewusstsein Deutschlands schwindet aber. Warum das so ist, sei dahingestellt, aber genau deshalb sind Initiativen wie die „Tage der Luftbrücke“ auf dem ehemaligen Flugplatz Gatow in Berlin-Spandau so wichtig. An einem authentischen Ort vermitteln sie dramatische Ereignisse der Vergangenheit, an denen unsere Eltern und Großeltern noch teilhatten. Sie geben uns ein Gefühl der Kontinuität, des Kontextes und der Wurzeln von denen wir leben.

DSCI1738_compressedDementsprechend freute ich mich schon auf die geführte Tour über das Gelände des „Militärhistorischen Museums Flugplatz Gatow“ in Berlin-Spandau. Erfreulicherweise erwies sich der freundliche, junge Mann, der diese Führung leitete, als ausgesprochen kompetenter Historiker, der die Hintergründe, Zusammenhänge und auch die Daten und Details der Luftbrückenzeit Gatows sofort parat hatte und auf interessante Weise darzustellen verstand. Geschichte lebendig zu machen am Ort, an dem sie sich abspielte, ist keine leichte Aufgabe, aber für mein Verständnis gelang dies unserem Museumsführer sehr gut.

Für Fragen stand der Herr ebenfalls zur Verfügung und konnte so manche Information vermitteln, die bei uns Besuchern Wissenslücken stopfte. Obwohl ich bereits mit dem Thema „Luftbrücke“ vertraut war und sogar bereits Besuchergruppen zum Museum gebracht hatte, lernte sogar ich noch einiges dazu und nahm die Gelegenheit wahr, auch einige Detailfragen loszuwerden. Soweit zum guten und interessanten Teil des Besuches.

Da ich aber, wie erwähnt, seit einigen Jahren schon immer mal wieder das Museum „Flugplatz Gatow“ besuche, ist mir natürlich auch etwas aufgefallen. Und zwar, dass das Museum sowohl im Außengelände als auch in den vom Museum genutzten Gebäuden seit ein paar Jahren starke Verluste erleidet. Groß-Exponate verschwinden und kehren scheinbar nicht mehr nach Gatow zurück.

DSCI1765_compressedDies ist natürlich nur ein subjektiver Eindruck, der durch (Dauer-?) Leihgaben des Museums an befreundete Institutionen im In- und Ausland, die dringend notwendigen Restaurierungen rostender Flieger auf der Außenanlage usw. entsteht. Aber auch die Tatsache, dass einige, herausragende Exponate der Hangars z. T. auf Jahre hinaus verschwinden (He-111, Me-109 aus Hangar 3 z. Bsp.) schmälert die „Erlebnisqualität“ Gatows leider mittlerweile in durchaus spürbarer Art und Weise. Eine frisch restaurierte Iljuschin-28 wird z. Bsp. bald nach Finowfurt ausgeliehen, weil man dort ein Schutzdach für dieses Großexponat errichten wird und somit die Schäden durch Wettereinflüsse deutlich reduziert werden können.

Kurz gesagt: die Tatsache, dass dies einstmals private Museum noch immer über viel zu geringe Mittel verfügt, um auch nur die prächtige Ausstattung aufrechtzuerhalten, die es noch vor ca. 10 Jahren besaß, ist mittlerweile evident. Viele, der über die Jahre hinweg von mir dort gemachten Fotos, dokumentieren dies leider. Wenn nicht viele, freiwillige und damit ehrenamtliche Helfer hier mithelfen würden, hätte das Museum vermutlich längst schließen oder zumindest seine Öffnungstage massiv einschränken müssen. Das ist bedauerlich, denn „plastisch erfahrbare Geschichte“ gibt es meiner Ansicht nach nicht mehr allzuviel in Berlin. Und schon gar nicht an einem so authentischen Ort. Das macht Gatow einzigartig.

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Wind im Gesicht und „Rosinenbomber“ im Hintergrund. 🙂

Leider wird demnächst auch der Hangar 3 umgestaltet werden, da das pädagogische Element des Museums stärker in den Mittelpunkt gestellt werden soll. Dann wird dieser Museumsteil erstmal auf unabsehbare Zeit gesperrt werden und die Gesamtanlage damit weiter an Attraktivität einbüßen. Aber eben nur zeitweise, der Umbau wird ja auch mal wieder beendet sein.

Fazit ? Dieser „Samstag der Luftbrücke“ war ein angenehmer Tag sogar trotz des böigen Windes, der über die ehemaligen Flugbahnen wehte. In anderen Kultureinrichtungen oder Museen hätte man für Eintritt und kompetente Museumsführung zwischen 20 und 25 Euro zahlen müssen. In Gatow gibts das alles am Wochende ZUM NULLTARIF ! 🙂 Im Sinne der Zukunft dieses Museums möchte man fast hoffen, dass sie doch bald damit beginnen werden, etwas Geld zu verlangen, damit dieses dann wieder in die Ausstellung gesteckt werden kann.

In diesem Sinne: Besuchen Sie Gatow, bevor das letzte Flugzeug verrostet oder an andere Museen ausgeliehen ist !

Mehr Information, hier:
http://www.mhm-gatow.de/

Vielleicht sehen wir uns bald mal auf einem „Clemens Kurz Stadtspaziergang“ in Berlin und Brandenburg.

Ihr

Clemens Kurz