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100 Jahre Groß-Berlin: der „Zweckverband“ – Vorreiter der Metropole ?

Aus der Serie „100 Jahre Groß-Berlin, 1920 – 2020“:

Immer wieder taucht bei der Behandlung der Formierung Groß-Berlins der Begriff „Zweckverband“ auf. Wo immer man recherchiert, wird dieser seit 1912 gesetzlich vorgeschriebene Interessenverband im Großraum Alt-Berlins erwähnt. Was war dieser Verband und war er wirklich als „Vorstufe“ zur großangelegten Gebietsreform gedacht, die dann 1920 letztlich eintrat ? Schauen wir mal.

„Zweckverband“ Groß-Berlin. Zum ersten Male wurde ich vor einigen Jahren mit diesem Begriff konfrontiert, als ich über den Bau des Rathauses Spandau nachlas. Die Quellen sind sich nicht einig, entweder soll bei der Grundsteinlegung, oder bei der Eröffnung dieses Gebäudes ein lokaler Handwerksmeister die „goldenen“ Worte gesprochen haben:

Es schütze uns des Kaisers Hand vor Groß-Berlin und Zweckverband.

Das hätte dann etwa im Jahre 1911 oder 1913 stattgefunden. Wie dem auch immer sein mag, in jedem Falle sehen wir hier beide Projekte, nämlich „Groß-Berlin“ und „Zweckverband“ als negative Projektionen. In Spandau waren bis zuletzt beide nicht sonderlich beliebt. Und wohl nicht nur dort, aber das würde an dieser Stelle zu weit führen.

der Berliner OB Adolf Wermuth

Dem Zweckverband aber konnten Gemeinden wie Spandau, Lichtenberg oder Schöneberg immerhin nicht entkommen, wenn sie es überhaupt wollten. Denn dieser wurde per Gesetz „angeordnet“. Durch die preußische Staatsregierung am 19. Juli 1911 mit Wirkung zum 01. April 1912. Quellen wollen wissen, dass diese „Ordre“ wohl vor allem deshalb erging, weil die Staatsregierung die sich spätestens seit der Jahrhundertwende abzeichnende Bewegung hin zu „Groß-Berlin“ etwas kanalisieren wollte. Sie möglicherweise auch ein wenig ausbremsen mochte, denn das Aufgabenfeld dieser Organisation beschränkte sich auf die drei wichtigsten Problemfelder und alle Gemeinden über 50.000 Einwohnern waren gleichgewichtig stimmberechtigt. Für alle anderen Gemeinden, die nicht „Alt-Berlin“ waren, stimmten die Landkreise Niederbarnim und Teltow ab, die dem Verband ebenfalls angehörten. Brisant dabei: Berlin konnte locker mit den gesammelten Stimmen der anderen Städte und Kommunen überstimmt werden. Für Oberbürgermeister Wermuth natürlich ein dauerhaftes Ärgernis. Diese Maßnahme war aber als Ausgleich des vermeintlichen „Übergewichts“ der Reichshauptstadt an Bedeutung und Wirtschaftskraft gedacht.

Hauptsächlich drei Aufgaben sollte dieser Zweckverband erfüllen:

  1. Regelung des Verhältnisses zu öffentlichen, auf Schienen, betriebenen Transportanstalten (Ausnahme: Staatseisenbahn)
  2. Beteiligung an der Feststellung der Fluchtlinien & Bebauungspläne, Mitwirkung an dem Erlass von Baupolizeiverordnungen,
  3. Erwerbung & Erhaltung größerer, von der Bebauung freizuhaltenden Flächen

Da gleichzeitig auch die „nominelles Berlin“-Bewegung ihren Höhepunkt und Abschluss feiern konnte (eine Initiative, die sich spätestens seit 1909 hauptsächlich damit befasste, diversen Berliner Vororten schon einmal den Namen „Berlin-“ voranzustellen, um die Eingemeindung sozusagen begrifflich vorzubereiten und den kommenden, geographischen Fusionsrahmen abzustecken) ist es nicht verwunderlich, dass 1912 vor allem linke, der SPD nahestehende Zeitungen bereits über die „Vollendung Groß-Berlins“ jubelten. Na, ja. Zu früh gefreut.

Der Zweckverband lieferte aber immerhin Ergebnisse. Neben der erst 1918 beschlossenen Anpassung der Straßenbahntarife aller beteiligten Kommunen und den Vorarbeiten für die im Dezember 1920 erfolgte Zusammenlegung der verschiedenen, kommunalen Straßenbahnen, ist hier vor allem der sog. „Dauerwaldvertrag“ von 1915 zu nennen. Der Zweckverband kaufte große Waldgebiete in den beteiligten Landkreisen auf, die auf „Dauer“ als Grün- und Erholungsgebiete ausgeschrieben wurden. Teilweise liegen diese Gebiete sogar heute noch außerhalb des Berliner Stadtgebietes und werden noch immer von Berliner Förstereien verwaltet ! Eigentliche Haupt-Auswirkung dieses Vertrages ist aber die Tatsache, dass in Berlin ausgedehnte Waldgebiete zu finden sind, die Berlin zu einer der grünsten Hauptstädte Europas machen. Vor allem die Außenbezirke (Treptow-)Köpenick, Reinickendorf, (Steglitz-)Zehlendorf und Spandau laden zu Waldspaziergängen ein. Laut Amt für Statistik liegt die reine Waldfläche innerhalb der Stadtgrenzen noch bei 17,7 %. Hier sind landwirtschaftlich genutzte Flächen und Parks nicht eingerechnet. Inklusive diverser Wasserflächen liegt der Anteil „blauer und grüner“ Flächen in Berlin bei beeindruckenden gut 29 %.

Zurück aus der Statistikabteilung: Die kleinen, in harten Verhandlungen beschlossenen Fortschritte beim Zusammenwachsen der Groß-Berlin-Region, die der Zweckverband lieferte, waren aber den unerbittlichen Groß-Berlin-Fundamentalisten, die die „Einheitsregierung“ lieber heute als morgen haben wollten, nicht genug. Als Beispiel für einen solchen Ungeduldigen habe ich bereits den Schöneberger Bürgermeister Alexander Dominicus porträtiert. Bei Interesse lesen Sie doch bitte das kleine Personenporträt dieses hochengagierten Kommunalpolitikers unter dem obigen link nach.

Rathaus Schöneberg, Berlin

Immer neue Initiativen zur stärkeren Vernetzung, zur stärkeren Zusammenarbeit der z. T. schon als „Berlin-Schöneberg“ etc. titulierten Städte und Gemeinden wurden gestartet. Wie etwa die Gründung des „Bürgerausschusses-Berlin“, der ab 1917, also noch mitten im Ersten Weltkrieg, wo Hunger und Mangelwirtschaft sowie die Frontverluste die Aufmerksamkeit der Bürger gefangenhielten, damit begann, in der Region erneut für Groß-Berlin zu trommeln. Der Zweckverband geriet dabei deutlich ins Hintertreffen. Die „Vorwärtsdränger“ wollten mehr, übergingen dieses Gremium, das ihre hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllt hatte, bereits.

Nach dem Ersten Weltkrieg, nach Revolution und Demokratisierung Deutschlands wurden die Widerstände gegen „Groß-Berlin“ schwächer. Eine preußische Staatsregierung, deren Minister aus SPD und Liberalen kamen, leistete keinen Widerstand mehr, der Zweckverband war wie erwähnt bereits marginalisiert und die vereinzelten Bürgerproteste in einigen Kommunen (Zehlendorf, Buch) wurden eiskalt ignoriert. Z. T. richteten sich diese auch mehr gegen die angedachten, neuen Bezirkszuordnungen, als gegen die Eingemeindung als solche (Friedenau).

Oskar Ziethen, 1915

Der Zweckverband hatte mit der Verabschiedung des „Groß-Berlin-Gesetzes“ am 25. April 1920, seiner Veröffentlichung zwei Tage später und dem Inkrafttreten am 01. Oktober 2920 seine Bedeutung verloren und wurde folgerichtig 1921 aufgelöst. Die Frage aber bleibt: War er ein Schritt auf dem Weg zu „Groß-Berlin“, eine Art „Vorreiter“ der Groß-Berlin-Bewegung, oder ein aus kommunalpolitischem Pragmatismus heraus gegründetes, dringend benötigtes Koordinationsgremium und nicht mehr ?
Vermutlich kommt es darauf an, wen man etwa 1913 dazu befragt hätte. Ein Spandauer Bürgermeister Friedrich Koeltze, vielleicht auch der Lichtenberger OB Oskar Ziethen hätten sicher pragmatische Gründe für eine Koordination bestimmter Entwicklungen in der Region benannt. Der hier schon erwähnte Alexander Dominicus hingegen hätte keinen Zweifel an der Vorreiter-Rolle des Zweckverbandes gelassen und dementsprechend wird dieses Gremium auch heute in der Fachliteratur weitgehend einheitlich eingeschätzt.

P.S.: Auf Wunsch eines Freundes hier noch einmal die maßgeblichen Mitglieder des Zweckverbandes aufgezählt: Alt-Berlin, Charlottenburg, Deutsch-Wilmersdorf, Schöneberg, Deutsch-Rixdorf/Neukölln, Lichtenberg, Spandau, sowie die Landkreise Niederbarnim und Teltow.

Quellen:

Text:

Fotos:

  • gemeinfrei,
  • gemeinfrei,
  • von mir, (c) 2017,
  • von mir, (c) 2020,
  • gemeinfrei

100 Jahre Groß-Berlin: ein wenig Kontext

Aus der Serie „100 Jahre Groß-Berlin, 1920 – 2020“:

Berlin in den Dimensionen von heute wird gerade einmal 100 Jahre alt. Wie Sie, liebe aufmerksame Leser meines Blogs, ja wissen, habe ich dazu eine Serie von Beiträgen gestartet, in denen ich einige „Kieze“ Berlins vorstelle und wie es um sie stand, als sie 1920 per Gesetz zu „Groß-Berlin“ beordert wurden. Allerdings haben mich Kommentare von Bekannten und Freunden jetzt dazu gebracht, in diesem Beitrag einmal kurz den Rahmen abzustecken, in dem sich diese als Struktur-Reform getarnte „Megafusion“ abspielte. Also dann, hier in ein paar Stichworten mal der Weg zur Metropole, zum Moloch der 20er Jahre:

Für mich ist der Auslöser des ganzen Nachdenkens über „Verwaltungsreformen“ und eine „bessere Abstimmung der Infrastruktur“ in der Region Alt-Berlins die Reichsgründung 1871. In deren Folge beginnt ein Zuzug nach Berlin und in seine Vororte, den man getrost als „Bevölkerungsexplosion“, wenn auch nur regionaler Art, bezeichnen kann. Charlottenburg etwa wuchs laut lokalen Quellen von etwa 20.000 Einwohnern 1871 auf etwa 180.000 um 1900. Eine innerdeutsche Landflucht und auch der Zuzug etwa aus Ländern wie Polen oder Schweden sorgten dafür, dass die Reichshauptstadt Berlin samt ihren Vororten Probleme mit dem Platz bekam.

James Hobrecht, Stadtplaner

Probleme etwa auch, wie man in solch einer Situation den öffentlichen Nahverkehr organisiert. Ein paar Pferdedroschken oder Fernbahnhöfe reichten hier nicht mehr. Probleme natürlich auch, was den Wohnungsbau angeht. Wie bekommt man Menschen, die sich hier ansiedeln, die hier arbeiten und leben wollen, auch unter ein möglichst nicht tropfendes Dach ? Wie sorgt man für genügend Grün, um Familien etwas Wochenenderholung oder „Sommerfrische“ zu garantieren ? Der schon in den 1860er Jahren entworfene, sog. „Hobrecht – Plan“ für die Stadtplanung musste dringend überarbeitet, musste verändert und den neuen Realitäten angepasst werden. Denn selbst kleinere Randgemeinden der Hauptstadt-Region platzten innerhalb von wenigen Jahren aus allen Nähten.

Lichtenberg, Deutsch-Rixdorf, Schöneberg, Charlottenburg und viele andere Städte und Landgemeinden waren mehr oder minder blitzartig mit den soeben angedeuteten Problemen konfrontiert. Bauland musste ausgewiesen, zusätzliche, kommunale Angestellte bezahlt und eingestellt werden usw. Dass spätestens mit der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert erstmals mit dem Gedanken einer „gesteuerten“ einer auf Berlin bezogenen, geplanten Entwicklung gespielt wurde, erscheint angesichts der Fakten nicht verwunderlich. Zuvor waren derartige Gedanken immer an einer gewissen Skepsis Berlins gescheitert, das vor allem die wohlhabenden Vororte, aber nicht die mit großem Investitionsbedarf ausgemachten, sonstigen Gemeinden, gerne für sich beansprucht hätte. Diese Skepsis ließ allerdings mit den Jahren immer mehr nach.

Rathaus Schöneberg, 2020

Dass jedoch in den wachsenden Städten und Gemeinden des Umlandes gleichzeitig ein neues Selbstbewusstsein aufkeimte, dass allen „zentralisierenden“, rein auf Berlin ausgerichteten Bestrebungen z. T. Widerstand zu leisten begann, überraschte allerdings alle klardenkenden Zeitgenossen auch nicht unbedingt. Wer sich gerade erst einen eigenen Namen gemacht hat, gibt diesen nicht unbedingt gerne sogleich wieder an den „großen Nachbarn“ ab. Die vielen, neuen Rathäuser die zwischen 1895 und 1914 in der Region gebaut bzw. geplant wurden (Spandau, Charlottenburg, Deutsch-Rixdorf, Köpenick, Lichtenberg, sogar Heinersdorf/nie gebaut…) waren eben nicht nur Ausdruck eines größeren Platzbedarfs der Verwaltungen, sondern auch des gestiegenen Selbstbewusstseins in den Kommunen.

Es standen sich also mehr oder minder offen zwei unterschiedliche Positionen gebenüber.

  • der Berliner OB Adolf Wermuth

    Da waren zunächst die mehr oder minder radikalen „Berlin-Befürworter“, denen die Identität und Entwicklung der eigenen Kommunen oft relativ gleichgültig war. Sie waren zumeist gewiefte Büro- und Technokraten, oft aus dem gesamten „Reichsgebiet“ zusammengeholt, die lieber heute als morgen unter den „schützenden Schirm“ Berlins flüchten wollten. Es waren Stadtälteste und Bürgermeister darunter, wie etwa der heute zu Unrecht fast vergessene Alexander Dominicus (aus Elsaß-Lothringen stammend), Bürgermeister von Schöneberg. Dass der Berliner Oberbürgermeister Adolf Wermuth (ein Hannoveraner) natürlich Feuer und Flamme für „Groß-Berlin“ war, darf kaum verwundern. Jeder mag doch Machtzuwachs. Dieser Gedanke überwindet unter Wermuth die eingangs erwähnte Skepsis spätestens ab 1912, seinem Amtsantritt in Berlin.

  • Kurt Schustehrus

    Und dann gab es noch die ebenso entschlossenen Gegner jeglicher, „unnatürlicher“ Fusion, die erst einmal schauen wollten, wie weit sie es mit ihrer eigenen Kommune bringen würden, bevor sie Kompetenzen an Ausschüsse, „Zweckverbände“ oder gar die wartende „Spinne“ im Netz, Berlin, abgeben würden.  Freiwillig oder erzwungenermaßen. Als Beispiel sei hier der Charlottenburger Bürgermeister Kurt Schustehrus genannt (der allerdings auch von jwd, aus Ostpreußen, stammte), welcher vor Selbstbewusstsein nur so strotzend einst angeblich gar von einem „Groß-Charlottenburg“ träumte. Vor allem in den sich selbst tragenden Kommunen, den „gutbürgerlichen“ Ecken mit solidem Steueraufkommen stand man den Begehrlichkeiten des Berliner Magistrats und Adolf Wermuths mit großer Skepsis oder sogar offener Ablehnung gegenüber. (Von Buch bis Zehlendorf, sozusagen.)

Und in diese emotional-politisch-psychologische Frontsituation fallen dann zwei Dinge, die zumindest eine zeitweilige Rolle zu spielen begannen.

  • Umbenennungen, ohne Eingemeindung.
    Es gab zeitweilig (1909-1912) einen „run“ auf den Namenszusatz „Berlin-„. Diverse Städtchen und Gemeinden wollten plötzlich „Berlin-Sowieso“ heißen. Sozusagen bereits den Schatten Berlins für sich beanspruchen, ohne aber bereits verwaltungstechnisch dazuzugehören. In etwa so, wie sich heute die Stadt Bernau ganz offiziell „Bernau bei Berlin“ nennt.
    Man spricht in der regionalen Geschichtsschreibung vom sog. „nominellen Berlin“. In diese „Bewegung“ waren vor allem Berlin-affine Lokalgrößen involviert, aber manch einer nutzte dies auch als Möglichkeit, den Fusionsdruck durch ein kleines Namenszugeständnis etwas abzumildern. Als sie 1920 dann sozusagen „von oben“ also per Gesetz nach „Groß-Berlin“ eingemeindet wurden, waren etwa „Berlin-Wilmersdorf“, „Berlin-Schöneberg“ und „Berlin-Lichtenberg“ bereits mit diesem Begriff versehen.
  • „Zweckverband Groß-Berlin“
    Um die wichtigsten, die drängendsten Fragen der Hauptstadtregion klären zu können, wurde 1911 der „Zweckverband Groß-Berlin“ gegründet, der bis 1920 bestand. In diesem Gremium, dem u. a. auch die Landkreise Niederbarnim und Teltow angehörten, wurden vor allem Fragen des gemeinsamen Nahverkehrs, der gemeinsamen Aufgaben der Raumordnung und der Ausweisung von Bauland besprochen. Die Berlin-Befürworter sahen in diesem Zweckverband hauptsächlich eine „Vorstufe“ zur Zwangsvereinigung der Hauptstadtregion. Die Berlin-Gegner schlossen sich dem Zweckverband wohl hauptsächlich deshalb an, um die tatsächlich, objektiv bestehenden Strukturprobleme auf sachlicher Ebene lösen zu können. Und um eben eine Art „Mitsprache“ zu haben, damit die Entwicklung sie nicht blind überrollt.
    Dem Zweckverband verdanken wir u. a. die Vorarbeiten für die Fusion und Vereinheitlichung sämtlicher Straßenbahnen in der Region. Auch der 1915 abgeschlossene „Dauerwaldvertrag“, dem Berlin bis heute die Tatsache verdankt, dass es eine recht „grüne“ Metropole mit vielen Waldgebieten am Stadtrand und Grünzonen zur Stadtmitte hin geblieben ist, fußt auf Absprachen im Zweckverband.

Wer also die Situation unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg bzw. sogar noch während des Krieges in (etwas sehr pauschal, aber Faustregeln gelten ja nicht umsonst) Kategorien einteilen will, der kann folgende Frontstellungen ausmachen:

Geographisch:

Rathaus Charlottenburg von der Otto-Suhr-Allee gesehen

Vorortgemeinden im Westen und Südwesten waren eher auf der Seite der Gegner von „Groß-Berlin“. Diese oftmals sehr gutbürgerlichen und mit solidem Steueraufkommen ausgestatteten Städte und Gemeinden (Zehlendorf, Charlottenburg, bis hin zum kleinen Ort Friedenau, Charlottenburg hatte zwischenzeitlich das höchste Pro-Kopf-Steuereinkommen in ganz Preußen) glaubten, auch recht gut alleine zurechtzukommen und Berlin schlicht und ergreifend nicht zu brauchen.
Im Osten und Nordosten sah das wiederum anders aus. Hier erwartete man sich eine bessere Anbindung an das Geschehen in der Hauptstadt, erwartete eine sich unter Berlins Aufsicht verbessernde Infrastruktur und mehr Planungssicherheit. Speziell im Bauwesen. Hier mussten vielleicht auch die meisten Strukturverbesserungen vorgenommen werden, da das „weite Land“ nördlich von Friedrichsfelde etwa darauf wartete, erschlossen zu werden.

Politisch:

Die bürgerlichen, liberalen und konservativen Parteien und Individuen standen dem „Groß-Berlin-Gesetz“ eher ablehnend gegenüber. Warum, ist nicht ganz sicher auszumachen. Vielleicht nur „aus Prinzip“, weil man beobachtete, wie die Linke und extreme Linke diese Projekt auf ihre Fahnen schrieben. Dies geschah zumeist unter dem Motto der „Verteilungsgerechtigkeit“. Man wollte den finanziell weniger gut aufgestellten Kommunen im Osten eine massive „Umverteilung“ zukommen lassen, die sich natürlich dann auch dementsprechend in Wählerstimmen für Links umwandeln ließe. Das Vorurteil also, Berlin habe es vor allem auf die „Geldbörsen“ der „reichen“ Umlandgemeinden abgesehen, kann (glaubt man Lokalhistorikern) durchaus als plausibel angesehen werden. Dass aber Liberale Bürgermeister wie Alexander Dominicus (Schöneberg) oder gar konservative Ortsvorsteher wie Oskar Ziethen (Lichtenberg) ebenfalls früher oder später auf den „Groß-Berlin-Zug“ aufstiegen, ist ein Phänomen, das sich schwerlich auf dieser Ebene erklären lässt.

Verwaltungstechnisch:

Die preußische „Staatsregierung“ (heute würde man wohl: „Landesregierung“ dazu sagen) stand bis 1918 allen, weitreichenden Strukturveränderungen in der Hauptstadtregion meist skeptisch bis ablehnend gegenüber. Wo immer sie einen Einspruch selbst einlegen, oder zumindest unterstützen konnte, war sie dabei, dem nach mehr Macht greifenden Berliner Magistrat Knüppel zwischen die Beine zu werfen.
Dieser Magistrat wiederum unterstützte spätestens unter Oberbürgermeister Adolf Wermuth alle Initiativen, die dafür sorgten, dass sich Umlandgemeinden enger an Berlin anzubinden begannen. Von einfachen Dingen wie „Umbenennungen“ angefangen (Schöneberg etwa hieß ja wie erwähnt schon vor der Eingemeindung „Berlin-Schöneberg“. Gleiches gilt für Wilmersdorf und Lichtenberg.) bis hin zu Initiativen wie dem schon erwähnten „Zweckverband“. Auch das 1917 gegründete „Bürgerforum“ für Berlin, deren spiritus rector der schon erwähnte Schöneberger Bürgermeister Dominicus war, erfreute sich in Berlin größter Sympathie und Unterstützung.

Rotes Rathaus Berlin

Diese angespannte Situation wurde dann im Nachkriegs- und Post-revolutionären Preußen endgültig zu Gunsten der „Groß-Berlin“-Befürworter gelöst. Die Demokratisierung diverser Verwaltungsbehörden, der kurzfristig geschwundene Einfluss der politischen Mitte-Rechts-Parteien und der ihnen nahestehenden, gesellschaftlichen Kreise sowie der im Umkehrschluss gestiegene Einfluss von links schufen dann zu Beginn des Jahres 1920 eine Situation, in der an die Fusion „per Gesetz“ (und damit de facto auch gegen den Willen vieler, betroffener Bürger und kommunaler Politiker; an ein Plebiszit dachte damals wohl niemand und in Charlottenburg etwa gibt es bis heute das Gerücht, die Eingemeindung sei „nicht ganz legal“ erfolgt) zu denken war. Dennoch erhielt der entsprechende Gesetzentwurf zweimal in der preußischen Landesversammlung keine Mehrheit und wurde erst in dritter Lesung vom 25. April 1920 mit einer Mehrheit von 164 zu 148 Stimmen angenommen. Das Gesetz wurde zwei Tage später verkündet und trat am 01. Oktober 1920 in Kraft. Zum Zeitpunkt ihrer (schweren) Geburt, war Groß-Berlin flächenmäßig die zweitgrößte Stadt der Welt (Los Angeles lag und liegt davor) und hatte die drittmeisten Einwohner weltweit mit etwa 3,8 Millionen. Nur New York und London lagen damals davor. Die Stadt in den Dimensionen, wie wir sie heute kennen, war geboren.

Mein persönliches Fazit:
Die Selbstverständlichkeit mit der heutige Beobachter das Zustandekommen von „Groß-Berlin“ als sozusagen „historisch-politische Notwendigkeit“ und sozusagen „unvermeidliche Strukturanpassung“ kommentieren, erscheint mir, je länger ich zu diesem Thema recherchiere, höchst hinterfragenswert. Auch die angebliche „Begeisterung der Bürger“ der annektierten Umlandgemeinden gilt nur eingeschränkt. Wo vielleicht Schöneberg oder Lichtenberg mit dem „Groß-Berlin-Gesetz“ hochzufrieden waren, blieben etwa die Spandauer noch jahrzehntelang skeptisch. Nicht umsonst schreibt man noch dem berühmten Regierenden Bürgermeister Ernst-Reuter das Zitat zu, er regiere „11 Bezirke und eine freie Republik“. So rebellisch gebärdete man sich in der Havelstadt noch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Ernst Reuter, 1951

Andererseits konnten jetzt, nach 1920, diverse Strukturprobleme der Region endlich angegangen werden, ohne die Einspruchsrechte der Städte und Gemeinden berücksichtigen zu müssen. Wohnungsbau und Nahverkehr etwa konnten aufeinander abgestimmt werden. Verwaltungsstrukturen, die sog. „Bezirke“ wurden geschaffen (wenn auch 1938/39 in der NS-Zeit z. T. wieder einer geographischen Neuordnung unterzogen). Auch in anderen Bereichen wurden bald Fakten geschaffen. 1929 z. Bsp. wurden sämtliche Nahverkehrsbetriebe, also Bus-, Straßenbahn- und U-Bahnlinien unter dem Dach der „BVG“ zusammengefasst, die Tarife vereinheitlicht und der Ausbau des Verkehrsnetzes zentralisiert. Spiritus Rector hinter diesem Vorgang war übrigens schon damals der bereits zitierte Ernst-Reuter.

Quellen:

Text:

Bilder:

  • gemeinfrei,
  • gemeinfrei,
  • von mir, 2020,
  • gemeinfrei,
  • CC BY-SA 3.0, (Büste Schustehrus),
  • von mir, 2020
  • von mir, 2019
  • CC 0 1.0 universal, (Foto Ernst Reuter)

100 Jahre Groß-Berlin: Millionenbauern und Hirsche – Schöneberg

Aus der Serie „100 Jahre Groß-Berlin, 1920 – 2020“:

Was brachten die 7 Städte, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke, die 1920 zu „Groß-Berlin“ vereinigt wurden, in die neue Metropole ein ? Was brachte etwa der neue Bezirk Schöneberg an den Tisch mit ? Dies ist eine Frage, die anlässlich des Stadtjubiläums Berlins durchaus von Interesse sein dürfte. Und natürlich auch darüber hinaus. Schauen wir also heute mal nach Schöneberg. Wo stand es 1920 und welchen Weg hatte es dahin genommen ?

Ein kleiner Eingangsexkurs zu diesem Beitrag sei mir bitte von Ihnen, liebe Leser, gestattet: ist es nicht auffällig, wie viele der später nach „Groß-Berlin“ eingemeindeten Städte sich wenige Jahre vor dem Zusammenschluss noch ein neues, meist repräsentatives Rathaus gönnten ? Da wären etwa Charlottenburg (Rathaus eröffnet: 1905), Köpenick (Rathaus eröffnet: ebenfalls 1905), Schöneberg (Rathaus genutzt: ab 1913, Stadtvertreterversammlungen ab 1914) und Spandau (Rathaus eröffnet: 1913) zu nennen. War das nur eine Konsequenz der guten, wirtschaftlichen Lage der Kommunen, die sich neue Verwaltungsgebäude jetzt leisten konnten ? Oder schwante manchem Stadtältesten und Bürgermeister angesichts des Heraufdämmerns der Fusion, dass man vielleicht noch einmal echten Bürgerstolz demonstrativ in Stein aufzeigen musste, um nicht im Moloch „Groß-Berlin“ sang- und klanglos zu verschwinden ?

rot: Alt-Berlin bis 1920, rosé: heutiger Stadtumriss

Nun, wie dem auch sei: Schöneberg war und ist ein repräsentatives Beispiel für die Entwicklung der Kommunen im damaligen „Speckgürtel“ um Alt-Berlin. Seit der Reichsgründung 1871 war die Einwohnerzahl der einst schwach besiedelten „Gemarkung Schöneberg“ geradezu „explodiert“. Hatte Schöneberg um 1870 herum noch etwa 4.500 Einwohner, stand es um die Wende zum 20. Jahrhundert dann bei etwas über 70.000 !

Das hatte die ehemaligen Grundbesitzer- und Landwirtsfamilien reich gemacht, die ihren Grund und Boden höchst gewinnbringend an Landentwicklungs- und Erschließungsfirmen verkauft hatten, so dass man von Schöneberg als dem Ort der „Millionenbauern“ zu flachsen begann. Diesem Bauboom verdanken wir übrigens auch das sog. „Bayerische Viertel“, welches von Anfang an für eine „gutbürgerliche“ Klientel als Wohnquartier vorgesehen war und bis heute Straßennamen aus Bayern und Österreich aufweist.

U-Bahnhof „Rathaus Schöneberg“ mit darüberliegender „Carl-Zuckmayer-Brücke“

Die gutsituierte Stadt Schöneberg, die seit 1899 „kreisfrei“ war und nun über eine respektable Anzahl an Einwohnern verfügte, plante natürlich fleißig eigene Projekte. So baute sie ihre eigene U-Bahnlinie, die noch heute existiert und vom Nollendorfplatz im Norden bis zum Innsbrucker Platz im Süden verläuft. Zwar hat sie insgesamt nur 5 Stationen und misst nur eine Länge von 2,9 km, aber als sie im Jahre 1910 eröffnet wurde, konnte man getrost von einem Projekt lokalen Selbstbewusstseins sprechen. Nicht umsonst gilt diese heute „Linie U4“ genannte U-Bahn als erste, kommunale Linie in Deutschland. Ihre Verlängerung zum Magdeburger Platz wird übrigens immer mal wieder in Erwägung gezogen, bis heute. Die „Hoch- und U-Bahn“ an sich war damals aber in der Region noch relativ neu, war „fortschrittlich, modern und für jedermann offen“.

Auch ein Krankenhaus leistete man sich in Schöneberg. Das „Auguste-Viktoria-Krankenhaus“, welches 1906 eröffnet wurde und den Namen der letzten, deutschen Kaiserin erhielt, war schon bald eine Heilstätte von gutem Ruf und nie arm an Patienten. Im Jahre 1909 wurde hier von Walther Kausch gar die weltweit erste Duodenopankreatektomie durchgeführt (Entfernung von Bauchspeicheldrüse und 12-Fingerdarm). Ironie der Geschichte: man spricht heute, in unserer anglifizierten Welt, aber nicht mehr von einer „Kausch“-OP, sondern in Ärztekreisen nennt man diese Operation inzwischen „Whipple“-OP. Allen Oldfather Whipple, der diese Operation ebenfalls unternahm, war halt US-Amerikaner. Muss ich noch mehr sagen ?

Rathaus Schöneberg, 2020

Schöneberg gönnte sich in dieser Vorkriegszeit aber auch, ich deutete es eingangs an, ein neues, respektabel-großes Rathaus. Noch unter Bürgermeister Rudolf Wilde, nach dem der danebenliegende Park heute benannt ist, geplant, konnte sein Nachfolger Alexander Dominicus dann 1911 die Grundsteinlegung vornehmen. Womit wir jetzt bei dem Manne angekommen wären, der der kurzen, kommunalen Herrlichkeit der Stadt Schöneberg den Gar aus machen wird.

Nun, die Schöneberger werden es Alexander Dominicus verziehen haben, galten sie doch schon seit der Erteilung des Stadtrechts 1898 als extrem Berlin-affin. Lieber als das Stadtrecht hätten sie nämlich schon damals eine Eingemeindung nach Berlin gehabt, heißt es. Aber, fragt mal in Bernau nach, es geht notfalls auch ohne…

Schönebergs Bürgermeister Alexander Dominicus war immerhin nicht dieser Meinung und so gehört er für unsere Region zu den „Anschiebern“ der Fusions – Metropole „Groß-Berlin“ (siehe auch meinen Beitrag über ihn, oben verlinkt). Was, rein politisch gesehen, erstaunlich war, denn im Nachkriegs-Berlin dieser Zeit war vor allem die Linke und extreme Linke Feuer und Flamme für dieses „Reformprojekt“, von dem sie sich eine größere Verteilungsgerechtigkeit im Sinne der ärmeren Gemeinden, aus denen „Groß-Berlin“ zu bilden war, versprachen. Dominicus war aber selbst ein Liberaler, wenn auch eher linksliberal (DDP). Verstehe das, wer will.

So verschwand also 1920 die Stadt Schöneberg schon wieder von der Landkarte, wo sie doch erst 1898/99 so recht aufgetaucht war. Bei der Bildung des neuen Stadtbezirkes von Berlin mit gleichem Namen kam es übrigens zu einer kleinen Kuriosität: Schöneberg wurde mit Friedenau zusammengelegt. Das war aber gar nicht der ursprüngliche Plan gewesen. Das Örtchen Friedenau sollte eigentlich in den neuen „künstlichen“ Bezirk Steglitz integriert werden. Die Friedenauer aber rebellierten und wollten um keinen Preis der Welt Steglitzer werden. Vielleicht ein letzter Rest kommunalen Selbstbewusstseins, dass man, wenn man „Groß-Berlin“ schon nicht verhindern kann, dann wenigstens mitbestimmen wollte, „wo man dann am Ende landet“. Und so kommt es, dass Friedenau zum neuen Bezirk Schöneberg kam, was wohl auch geographisch mehr Sinn machte, wie ich zugebe.

Das Symbol Schönebergs, wo es übrigens nicht sonderlich bergig ist und die Schönheit wie immer im Auge des Betrachters liegt, ist interessanterweise der Hirsch, der im Bezirkswappen bis 2000 doppelt auftauchte. Heute ist er im Wappen des Fusionsbezirks „Schöneberg-Tempelhof“ (ich gehe alphabetisch vor, im Gegensatz zur Berliner Stadtverwaltung der Analphabeten, bei denen „T“ vor „S“ kommt) immerhin noch ein einziges Mal vorhanden und auch als Skulptur im schon erwähnten Rudolf-Wilde-Park zu finden. (siehe Titelfoto)

Grabstätte von Franz Schwechten in Berlin-Schöneberg.

Alexander Dominicus´ Name ziert heute die Straße vom S-Bahnhof Schöneberg zum schon erwähnten Rathaus, das später als Sitz des Regierenden Bürgermeisters von Berlin (-West) und als Kulisse für Kennedy´s Ansprache eine höhere Bekanntheit erlangen wird. Den bekanntesten Schöneberger der Prä-Fusions-Zeit habe ich aber noch gar nicht erwähnt: Reinhold Begas, der in unserer Region vielleicht am meisten beschäftigte Bildhauer um die Wende zum 20. Jahrhundert, wurde hier geboren und auch begraben. 1911 bereits. Er war also de facto NIE Berliner ! Ups ! Auch der aus Köln stammende Architekt des Anhalter Bahnhofes und der Gedächtniskirche in Charlottenburg, Franz Schwechten, liegt in Schöneberger Erde zur letzten Ruhe. (siehe Foto)

Wie geht es weiter mit meiner Reihe „100 Jahre Groß-Berlin“ ? Nun, vermutlich mit einem Gegenbild zu Schöneberg. Einem der „neuen“ Bezirke „Groß-Berlins“, der es den Fusionierern etwas schwerer machte… Bald mehr darüber ! 🙂
Bis dahin bleibe ich Ihr

Clemens Kurz

Quellen:

Text:

Fotos:

  • von mir, 2020

Persönlichkeiten: der Anschieber – Alexander Dominicus

Aus der Serie „100 Jahre Gross-Berlin, 1920 – 2020“:

Wenn man an das Formieren von Groß-Berlin denkt, fällt vielleicht ein Name nicht mehr, weil man dessen Mitwirkung am „Groß-Berlin-Gesetz“ von 1920 schlicht und ergreifend vergessen hat. Alexander Dominicus, Bürgermeister von Schöneberg, war neben dem Berliner Oberbürgermeister Wermuth der glühendste und aktivste Befürworter der Strukturreform, die schließlich zu dem Berlin führte, wie wir es heute kennen. Widmen wir uns doch im 100sten Geburtsjahr von Groß-Berlin mal kurz diesem Politiker von einst:

Wenn man sich die Geschichte des „Groß-Berlin-Gesetzes“ von 1920 anschaut, fällt auf, dass einige der lautesten und aktivstes Befürworter des Projektes eigentlich gar keine Berliner waren. Zumindest keine gebürtigen, sondern eher Persönlichkeiten, die bewusst Berlin zu ihrer (Wahl-)Heimatstadt erklärt hatten. Was in gewisser Weise auch für die Attraktivität der Hauptstadtregion des alten Kaiserreiches spricht, wenn Männer und Frauen aus ganz Deutschland hier ihre Bildung erhielten, ihre Karrieren machten und ihre Familien gründeten. Hier auch Verantwortung übernahmen und blieben. Ja, der kleine Berliner Lokalpatriot spricht da aus mir, Sie mögen mir das verzeihen, liebe Leser.

Wie auch immer: Alexander Dominicus wurde 1873 im elsässischen Straßburg geboren. Dort, sowie in München und Berlin studierte er später Jura, was ja damals eine gute Voraussetzung für eine zukünftige Beamtenlaufbahn war. 1900 ging Dominicus in den Staatsdienst als Regierungsassessor im heimischen Elsaß-Lothringen. Später trat er der Stadtregierung Straßburgs bei.

Als Beigeordneter von Straßburg soll Dominicus richtungweisende Reformen der Arbeits- und Jugendfürsorge, der Stadtplanung und des Schulwesens veranlasst haben; so richtete er erstmals ein Arbeitsamt ein und regte die Gründung einer Arbeitslosenversicherung an. Das Straßburger Modell wurde später zum Vorbild der deutschen Reichsgesetze über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung von 1927.
(wikipedia)

Wir sehen also: Dominicus kennt sich mit kommunaler Verwaltung aus, als er 1911 Bürgermeister von Schöneberg wird. Bekanntermaßen der damals unabhängigen Stadt Schöneberg, wenn auch erst seit 1898. Erst 1899 schied Schöneberg dann auch aus dem Landkreis Teltow aus und bildete, analog etwa zu ähnlichen Entwicklungen in Spandau, dann einen eigenen „Stadtkreis“. Heutzutage würde man es wohl eine „kreisunabhängige Kommune“ o. ä. nennen.

Kein Freund von „Groß-Berlin“: Friedrich Wilhelm Georg Koeltze 1852-1939, Zeitgenosse von Dominicus, Januar 1917, mit Amtskette

Dominicus gerät dabei mitten in die Bewegung der Vereinheitlichung von Struktur und Verkehr der Reichshauptstadtregion. Im Jahre 1911 wurde der „Zweckverband Groß-Berlin“ gegründet, dessen Arbeit Dominicus anfangs begeistert unterstützte. Die Abstimmung von Verkehrsplanung, Baumaßnahmen und Infrastrukturverbesserungen zwischen den beteiligten Städten Berlin, Charlottenburg, Deutsch-Wilmersdorf, Lichtenberg, Neukölln, Schöneberg und Spandau (s. Foto: Spandaus Bürgermeister Koeltze) sowie den Landkreisen Niederbarnim und Teltow schien angesichts der rapiden Bevölkerungsexplosion der vergangenen Jahrzehnte nur logisch und sinnvoll zu sein.

Die verschiedenen Interessen der beteiligten Kommunen aber sorgten dafür, dass allzu hochfliegende Pläne, gar ein Vorantreiben des „Groß-Berlin“-Projekts, in weite Ferne rückten. Immerhin verdanken wir heute dem „Zweckverband“ die einheitliche Straßenbahn und das „Dauerwaldgesetz“, welches dafür sorgt, dass Berlin heute noch immer eine der grünsten Metropolen weltweit ist. Alexander Dominicus jedoch, überzeugter „Groß-Berlin“-Befürworter, wollte mehr. Wollte eine einheitliche Stadtregion und ließ in seiner Stadt massiv dafür „trommeln“. So gründete er 1917 den „Bürgerausschuss Groß-Berlin“, die öffentliche Werbeplattform für das Projekt in Schöneberg.

Schon kurz nach seinem Amtsantritt in Schöneberg 1911 übrigens, konnte er den Grundstein für das auch heute noch existierende und später als Sitz des Regierenden Bürgermeisters von Berlin (West) bekanntgewordenen Rathauses Schöneberg (s. Foto) legen.
Im Ersten Weltkrieg wurde Dominicus, der Reservehauptmann war, aktiviert. Er kam an die Westfront, wurde dort aber schon kurz nach der Ankunft verwundet. Eine Stadt zu regieren ist halt etwas anderes, als ein Soldat zu sein.

Nach dem Krieg trat Dominicus, überzeugter Liberaler, der DDP bei, zu deren Mitgliedern u. a. auch Theodor Heuß gehörte. Das Projekt Groß-Berlin kam zu dieser Zeit wieder auf den politischen „Tisch“ zurück. In der preußischen Landesversammlung wurde am 27. April 1920 endgültig über das „Groß-Berlin-Gesetz“ abgestimmt. In dritter Lesung zwar, da es noch immer Widerstände zu überwinden gab und es in zwei vorangegangenen Lesungen keine Mehrheit für das Gesetz gab. Letztlich fand sich aber eine klare, wenn auch nicht wirklich überragende Mehrheit von 164 zu 148 Stimmen dafür. Am 01. Oktober 1920 trat das Gesetz in Kraft und schlagartig entstand damit die damals flächenmäßig zweitgrößte Stadt der Welt (nach Los Angeles) und die drittgrößte Stadt nach Einwohnerzahlen (nach New York und London).

Auguste-Viktoria Krankenhaus Schöneberg,
© A.Savin, WikiCommons

Und Dominicus´ Schöneberg brachte dabei so einiges mit ein. Ein Krankenhaus (das 1906 fertiggestellte Auguste-Viktoria-Krankenhaus) und eine eigene U-Bahn-Linie (die heutige Linie U4) z. Bsp. Alexander Dominicus selbst begann in der Folge eine politische Laufbahn. War kurzfristig preußischer Innenminister (1921/22) und bis 1924 gehörte er dem preußischen Landtag als Abgeordneter seiner Partei an. In diesem Jahr beendete er seine parlamentarische Laufbahn und zog sich auf andere Tätigkeiten zurück.

So engagierte er sich weiterhin in der „Deutschen Turnerschaft“ einem Sportverband, dessen Vorsitz er 1919 nur knapp verpasst hatte, als er in einer Stichwahl seinem Gegenkandidaten Berger unterlag. Von 1929 – 33 saß er diesem Verband dann doch noch vor, als sein Gegenkandidat von 1919 nicht mehr antrat. Dominicus war von 1927 – 33 auch Vorsitzender des „Deutschen Luftfahrt Verbandes“, der seine Aufgaben im Bereich von Segelsport und aerodynamischer Forschung sah. Die Nazis drängten ihn dann aus dieser Tätigkeit, als sich nach der Machtergreifung Hermann Göring für alles Fliegerische zuständig erklärte und nur Männer mit NS-Stallgeruch dabeihaben wollte. Der Patriot und Liberale Dominicus war den Nazis nicht „linientreu“ genug, so dass er auch den Vorsitz der Deutschen Turnerschaft abgeben musste. Gleichschaltung halt. (sic!)

Dominicus zog dann 1933 aus Berlin fort nach Freiburg im Breisgau. Er zog sich weitgehend ins Privatleben zurück, schrieb ein Buch und unternahm Reisen. Von 1939 – 41 übernahm er noch einmal die Leitung des flugtechnischen Instituts im Baden-Württembergischen Rust. Er verstarb schließlich am 18. Oktober 1945 in Freiburg, wurde aber auf dem Schöneberger Friedhof Stubenrauchstraße in Berlin beigesetzt. Seine Grabstätte ist jedoch unverständlicherweise bis heute KEIN Ehrengrab der Stadt, die er formieren half ! (Es gibt Quellen, die wollen sein Grab in Freiburg verorten…Hm…bis ich den Friedhof Stubenrauchstraße in Berlin mal selbst besucht haben werde und die Grabstätte selber sehe, sage ich nichts weiter dazu !)

In Berlin-Schöneberg ist übrigens die Straße, die vom Bahnhof zum Rathaus führt, nach Dominicus benannt: „Dominicusstraße“.

Quellen:

Text:

Bilder:

die Berliner U-Bahn, ein weiteres Kapitel für sich – Teil 2

Im ersten Teil dieser Reihe habe ich Ihnen, Liebe Leserinnen und Leser, ja schon geschildert, wo und wie die Geschichte der U-Bahn in Berlin begann. Auch die Tatsache, dass der schwunghaften Entwicklung dieses Verkehrsmittels mit dem Ersten Weltkrieg ein starkes Bremssignal entgegenwirkte, habe ich erwähnt. Aber wie ging es nun weiter, hin zu dem Netz und der Ausbreitung, wie wir sie heute kennen ? Und wie spielten hier Stadtentwicklung und Nahverkehr zusammen ? Mal schauen, ob ich mit diesem Beitrag die wichtigsten Fragen hierzu beanworten kann:

Bahnsteig U-Bahnhof Wittenbergplatz, natürlich von Grenander

Erst beim Nachlesen und Recherchieren für diese Reihe ist mir eigentlich so richtig klargeworden, in welcher Art von Wechselbeziehung die „Groß-Berlin“-Bewegung des beginnenden, Zwanzigsten Jahrhunderts mit den Bemühungen um einen sinnvollen, geordneten Nahverkehr für die Bewohner der Hauptstadtregion stand. Allein die Tatsache, dass beide Entwicklungen sich nach 1914 sozusagen „im Wartestand“ befanden (was für die U-Bahn nicht so ganz 100prozentig genau zutrifft, aber das sei hier mal dahingestellt) lässt doch Querverbindungen erahnen und annehmen.

Allein die nicht nur in Berlin oder Europa gemachten Erfahrungen, dass der Wert von Immobilien meist nachhaltig steigt, wenn ein U-Bahnhof in der Nähe eröffnet wird, lässt doch aufhorchen. Auch in Berlin haben sich so Immobilien-Erschließungsgesellschaften, z. Bsp. beim Weiterbau der Linie vom „Thielplatz“ (heute „Freie Universität“) zur „Krummen Lanke“ eine goldene Nase verdient. So stellte z. Bsp. die „Sommerfeld-Gruppe“ für diese Verlängerung kostenlos den Baugrund zur Verfügung und schoss ordentlich etwas zu den Baukosten dazu, wohl wissend, dass die zu diesem Unternehmen gehörenden, anliegenden Immobilien im Wert dann geradezu explodieren würden. Dass die Stadt Berlin diese Linie, die heute ein Teil der „U-3“ ist, eigentlich gar nicht in ihr Verkehrsnetz übernehmen wollte und erst per höchstrichterlichem Urteil dazu gezwungen wurde, beweist letztlich nur, dass fehlender Sachverstand und die Abwesenheit von realistischer Zukunftsplanung dieser Stadt sozusagen schon „in der Wiege lagen“. Bis heute hat sich in Berlins Verwaltung und Stadtregierung daran übrigens nichts geändert.

Bahn fährt in den U-Bahnhof „Warschauer Straße“ ein.

Womit wir beim Thema „U-Bahnbau und Groß-Berlin“ wären. Vergessen wir nicht: Berlin gibt es zu dem Zeitpunkt, an dem ich das hier schreibe (Februar 2019) in der Form, wie wir es heute kennen, noch keine 100 Jahre ! Das eingangs erwähnte „Groß-Berlin-Projekt“, also die Zusammenfassung weiter Teile der Hauptstadtregion zu einer einzigen Gemeinde, nahm nämlich genau zu einem Zeitpunkt Fahrt auf, als auch die U-Bahn hier so richtig loslegte. Etwa von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg. Ich vermute deshalb, dass die Befürworter der verwaltungstechnischen Zusammenlegung bestimmter Gemeinden mit Berlin sich sehr wohl der „einigenden“ Wirkung eines unterschiedliche Städte und Gemeinden verbindenden „Schnellbahnverkehrs“ bewusst waren.

Das eigentlich gar nicht vorhandene Zusammengehörigkeitsgefühl der Berliner und „Neuberliner“ konnte und sollte so spätestens nach 1920 gefördert werden. Schon die allererste, noch komplett privat finanzierte und betriebene „Stammbahn-Strecke“ (s. Erster Teil) der „Hoch- und Untergrundbahn“ von 1902 verband ja bereits drei damals noch unabhängige Gemeinden miteinander: Berlin, Schöneberg und Charlottenburg. Der nachhaltige Erfolg dieser elektrischen „Schnellbahn“ (im Gegensatz zur ebenfalls elektrischen „Tram“, die aber langsamer ist) verstärkte natürlich die Begehrlichkeiten der Berliner Stadtväter, was Bau und Kontrolle solcher Verbindungslinien anging.

Zug im U-Bahnhof „Olympiastadion Ost“.

Womit ich nun endgültig beim Thema dieses Beitrages angekommen bin: der zweiten Ausbaustufe der Berliner U-Bahn bis etwa 1930. Dafür gab es schon vor dem Ersten Weltkrieg Planungen von Berliner Seite, „Nord-Süd-Strecken“ zu entwickeln. So etwa vom Gesundbrunnen nach Neukölln oder eben von der Weddinger Seestraße nach Tempelhof. Diesmal im städtischen Auftrag und im „Großprofil“.

Einschub: haben Sie sich jemals gefragt, warum Berlins U-Bahn über zwei unterschiedliche Spurbreiten und U-Bahn-Fahrzeugbreiten verfügt ? Richtig. Genau hier hat das seinen Ausgang, in den zunächst „gegen die bereits etablierte Hoch- und U-Bahngesellschaft“ im Auftrage der Stadt gebauten Linien, die unsinnigerweise ein eigenes Profil und ein verändertes Stromabnehmersystem besaßen. Kurz: die „Spaltung“ und damit die Komplikation des U-Bahnausbaus verdanken wir wieder einmal Behördencharakteren, die im Sinne des „Konkurrenz belebt das Geschäft“ etwa die G-N-Bahn vom Gesundbrunnen nach Neukölln unbedingt dem Siemens-Konkurrenten AEG anvertrauen wollten.

Die AEG jedoch übernahm sich jedoch mit der Gestaltung dieser Linie und liquidierte in der Folge von Erstem Weltkrieg, Revolution und beginnender Inflation schließlich ihre Schnellbahn-Sparte. Der von ihr schon gebaute „Waisentunnel“ unter der Spree und der ausgeschachtete U-Bahnhof Stralauer Straße/Voltairestraße blieben von diesem Projekt als Relikte übrig. Die später weitergebaute Linie wurde dann aber nicht durchs Klosterviertel, sondern zur Jannowitzbrücke hin verlegt, wo sie noch heute einen U-Bahnhof hat.

U-Bahn auf dem Viadukt zwischen Oberbaumbrücke und Bahnhof Schlesischem Tor

Sie sehen, liebe Leser, ich könnte noch ungebremst weiter dahinschwadronieren. In Ihrem Sinne will ich mich jedoch jetzt einbremsen, damit der Artikel nicht noch allzuviel länger wird. Eine weitere Strecke wurde in den späten 20ern noch angegangen. Allerdings eine Strecke, die in den Köpfen von Verkehrsplanern schon seit spätestens 1913 vorhanden war: die U-Bahn vom Alexanderplatz nach Friedrichsfelde, die heutige U5. Sie war, ich erzähle das immer auf meinen Touren durch das Klosterviertel, ursprünglich als Zweiglinie von der heutigen U2 gedacht und sollte vom U-Bahnhof Klosterstraße abgehen. Der Erste Weltkrieg stoppte dieses Projekt, obwohl einige Meter Tunnel dafür schon vorbereitet waren. Jetzt, in den 20ern, nahm man das Projekt wieder auf, machte daraus aber eine neue, eigene Großprofillinie, die vom Alexanderplatz losgeht. Sie führt unter der Frankfurter Allee hindurch und biegt erst hinter dem Bahnhof Lichtenberg nach Süden, nach Friedrichsfelde ab.

Warum das ? Weil sie eben nicht dazu gedacht war, den Stadtrand in direkter Linie zu erreichen, sondern als Verbindung nach Karlshorst geplant war. Die DDR würde später auf dieser Linie ihren einzigen unterirdischen U-Bahnhof bauen („Tierpark“, eröffnet 1973) und die Linie schließlich überirdisch in einem Bogen wieder nach Nordosten schwenken, um die Neubauviertel in Hellersdorf verkehrstechnisch an das Berliner Stadtzentrum anzuschließen. Der einzige U-Bahnausbau der DDR-Zeit in Berlin. Eröffnet kurz vor der Wende im Sommer 1989.

U-Bahnhof „Olympiastadion“, Alfred Grenander, 1929

Das Jahr 1930 bildet dann einen weiteren, ungeplanten Haltepunkt im Ausbau des Berliner U-Bahnnetzes wie einst 1914. War es damals ein Weltkrieg, der den Nahverkehr kurzfristig „ausbremste“, so waren nun die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise von 1929 dafür verantwortlich, dass schlicht und ergreifend kein Geld mehr für kostspielige Investitionen in die U-Bahn vorhanden war, obwohl das Berliner Stadtparlament angeblich noch 445 Mio Reichsmark locker machen wollte. Immerhin wurden die schon angesprochenen Linien Seestraße-Tempelhof (heute der Kern der U6), Gesundbrunnen – Leinestraße (U8) und Alexanderplatz – Friedrichsfelde (U5) bis dahin fertiggestellt. Andere Linien wurden verlängert (wie angesprochen: Thielplatz – Krumme Lanke, weitgehend auf Kosten der „Sommerfeld-Gruppe“), manchmal nur um einzelne Stationen wie die Verbindung Stadion-Ruhleben, die eigentlich als Ausgangspunkt für den Anschluss Spandaus an das U-Bahnnetz dienen sollte. Dass diese Verbindung dann 1984 auf ganz andere Art und Weise erfolgte, ist aber eine völlig andere Geschichte.

Bildtafel am U-Bahnhof „Klosterstraße“.

Bis Ende 1930 hatte sich das U-Bahnnetz also auf 75,9 km verlängert (zur Erinnerung, Stand 1913: 37,8 km). Die U-Bahn wurde übrigens in dieser Zeit in die Berliner Verkehrs AG, kurz „BVG“ integriert. Sämtliche privaten Tram-, Bus- (Bsp.: „ABOAG“) und U-Bahnbetriebe der Region wurden so zu einem Verkehrsbetrieb zusammengefasst. Es heißt, der damalige Stadtrat für das Verkehrswesen, Ernst Reuter, habe maßgeblich zu dieser Zusammenfassung der Verkehrsbetriebe beigetragen. Ja, DER Ernst Reuter, Oberbürgermeister der Nachkriegszeit ab 1947. Diese Fusion der Verkehrsbetriebe kann als eine Spätfolge des Zusammenschlusses der Städte, Gemeinden und Gutsbezirke zu „Groß-Berlin“ im Oktober 1920 gelten.
In der NS-Zeit kommt dann praktisch nichts an Strecke mehr dazu, obwohl an einigen, recht phantasievoll gewählten Stellen in der Stadt ein bischen gegraben wird (Bsp.: vom „Reichskanzlerplatz“ in Richtung Heerstraße, auch eine Abzweigung, die niemals zustande kommen wird). 1938 wird die BVG dann „verstaatlicht“, der Betreiber des Nahverkehrs und damit auch der U-Bahn wurde de facto also die Stadt Berlin.
Die Geschichte der Berliner U-Bahn im Zweiten Weltkrieg und der unmittelbaren Nachkriegszeit ist wiederum ein anderes, komplexes Kapitel, für dessen Darstellung mir momentan etwas die Zeit fehlt.

Insofern hoffe ich, Sie hatten etwas Freude an meinen bisherigen Ausführungen und verbleibe

Ihr/euer

Clemens Kurz

P.S.: Auf der offiziellen Seite der BVG wird bis heute die Legende gepflegt, erst die Machtergreifung der Nazis 1933 hätte dem rapiden Ausbautempo der U-Bahn während der Weimarer Republik ein Ende gemacht. Das ist nachweislich falsch und bedauerlich, dass es so noch immer „hochoffiziell“ verbreitet wird. Wie gesagt: in der NS-Zeit wurde nur nichts mehr investiert und nicht mehr wirklich weitergebaut. Der Stopp erfolgte aber bereits ab etwa Ende 1930. Das haben seriöse Publizisten in ihren Büchern so dokumentiert. Der weitere Ausbau des Liniennetzes, vor allem in „Westberlin“ erfolgte dann später erst zu Teilungszeiten…

Quellen:

Fotos:

  • von mir, 2018, 2019

Text:

  • wikipedia,
  • Ulrich Lemke/Uwe Poppel, „Berliner U-Bahn“, alba – Verlag, Düsseldorf, 1985
  • Jürgen Meyer-Kronthaler, „Berlins U-Bahnhöfe“, bebra-Verlag, Berlin, 1996