Karlshorst im November: das Deutsch-Russische Museum

Ich gestehe es ein: ja, ich war einige Zeit nicht mehr in Karlshorst gewesen. Ungewöhnlich für mich, denn ich liebe Berliner Orte, an denen „Weltgeschichte“ spürbar, ja geradezu greifbar ist. Das Deutsch-Russische Museum im bekannten Haus der Kapitulation ist ganz sicher solch ein besonderer Ort und, wenn mich meine Aufzeichnungen nicht trügen, komme ich immer besonders gerne im November hierher. Nun denn, auf ein weiteres…

dsci3004_compressedZum ersten Male besuchte ich das DRM im Rahmen eines Gruppenausfluges mit Bekannten vor etwa 12 Jahren. Viele „Russen“ (aus vielen Ländern der ehemaligen Sowjetunion) waren darunter und so hatten diese zumindest keinerlei Anpassungsprobleme mit den vielen, in kyrillischem Alfabet gehaltenen Inschriften hier. Und in echtem, guten Ausflugsgeist machten wir damals auch noch gleich ein kleines Picknick im Hof des Museums. Daran denke ich heute noch oft und gerne zurück.

Seitdem bin ich noch öfters dort gewesen, habe mit Freunden, Bekannten und Gästen das Museum in Karlshorst besucht, oder vielmehr „das Museum an dem Ort, an dem der Zweite Weltkrieg in Europa endete“. Es gibt Berlin-Besucher, die ganz genau diesen Ort sehen wollen, an dem am 08. Mai 1945 die Wehrmacht kapitulierte. Und niemand wird enttäuscht, denn diesen Ort, den Saal, in dem diese Kapitulation erfolgte, gibt es noch.

dsci3010_compressedDafür gesorgt hatte die Rote Armee, die an diesem Standort 1967 das „Museum der bedingungslosen Kapitulation des faschistischen Deutschland im Großen Vaterländischen Krieg“ eröffnete. Aus dieser Zeit finden sich im Gebäude deshalb auch noch Tafeln und die bekannten sowjetischen Waffensysteme aus dem Zweiten Weltkrieg im Hof hinter dem Haus. 1995 wurde das Haus umgewidmet und die Dauerausstellung zum ersten Male erneuert und aktualisiert. 2012/13 wurde noch einmal an der Raumaufteilung und der Präsentation der dauerhaften Exponate gedreht und genau da schleicht sich so ein wenig Kritik meinerseits an.

Ich gebe es offen zu: ich mochte die „alte“ Dauerausstellung. Sie deckte alle Bereiche Deutsch-Sowjetischer Militärgeschichte von 1917 – 1990 ab, sparte auch keine NS-Grausamkeit aus und dokumentierte in einer vielleicht etwas willkürlichen Raumaufteilung knapp, aber unmissverständlich alle wichtigen Themen diesbezüglich. Deshalb war ich immer gerne hier, manchmal auch wegen interessanter Sonderausstellungen.

dsci3058_compressedDie „neue“ Präsentation seit 2013 lässt mich aber leider etwas ratlos zurück. Nicht, dass ich nicht anerkennen würde, dass die Museumsfachleute versuchen, dem „Rundgang“ durch die Dauerausstellung ein nachvollziehbares, strammes Konzept zu geben. In nur allzubekannter „moderner“ Präsentationsmanier werden jetzt weiße Texte auf schwarzem Hintergrund präsentiert (was mir nie gefällt), schweben sowjetische Propagandaplakate im Raum und werden Zeitzeugenberichte von Rotarmisten an diversen Stellen dem Besucher als Video- oder Audiofiles zugänglich gemacht.

Aber allein die jetzige Raumaufteilung ist letztlich nicht „besser“ oder in irgendeiner Hinsicht effektiver als zuvor, sorry, liebes DRM. Auch das Verdunkeln von Räumen, ein schwarzer Kubus, der Infowände verbirgt oder die an der Decke hängenden Plakate können nicht verbergen, dass die alte Ausstellung „handfester“ war, die Atmosphäre von Krieg, Konflikt und dessen Folgen mir dort greifbarer erschien als heute. Es schien dem Orte angemessener und authentischer zu sein. Ausstellungen wie die jetzige im DRM habe ich schon dutzendmal gesehen und ihre optische Ästhetik ähnelt ambitionierten Sonderausstellungen, aber leider auch nicht mehr. Schade. Man kann Dinge also auch „verschlimmbessern“, bedauerlich, dass es an diesem Orte geschehen ist.

Rate ich deshalb von einem Besuch ab ? Aber, nicht doch ! Zwar liegt das Museum nicht gerade im Stadtzentrum, aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist es letztlich doch bequem zu erreichen, ein Linienbus des Nahverkehrs fährt direkt vor die Haustür (Bus 296 etwa alle 20 Minuten von den S-Bahnhöfen „Karlshorst“ oder „Lichtenberg“, ebendieser Bus auch von den U-Bahnhöfen „Friedrichsfelde“ oder „Tierpark“). Wer nachspüren will, wo Geschichte passiert ist, muss einmal in seinem Leben in Karlshorst, im Deutsch-Russischen Museum, gewesen sein ! Und der Eintritt ist auch noch frei, was will man mehr ?

dsci3057_compressedFazit: Ein Besuch im DRM ist einzigartig. Wer Zeit mitbringt, um die historischen Räume und auch die Dauerausstellung gründlich (und auch kritisch !) zu rezipieren, wird seinen Besuch sicher nicht bereuen. Ein paar einzigartige Fotos springen vielleicht auch noch dabei heraus ! Im Kapitulationssaal z. Bsp. Unbedingte Besuchsempfehlung, aber auch der gut gemeinte Rat: nehmen Sie ihren Verstand mit, wenn sie im DRM umherschlendern !
Ich selbst jedenfalls bin mit vielen, frischen Eindrücken wieder nach Hause gefahren. Ein gelungener Nachmittag.

Ihr

Clemens Kurz

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